Olmütz (Olomouc)

Der Fluss Mährens ist die March, die dem Land auch seinen Namen gab. Das ist auf Deutsch weniger offensichtlich als im Tschechischen, wo Land und Fluss den gleichen Namen tragen: Morava. Die March fließt nach Österreich, wo sie in die Donau mündet. Anders in Böhmen, dessen größter Fluss, die Moldau, von Österreich wegfließt. Das ist ein Unterschied, der, denkt man über das Verhältnis von Böhmen und Mähren zu Österreich nach, nicht gering geschätzt werden sollte.

Die alte Hauptstadt Mährens ist Olmütz, auf Tschechisch Olomouc. Sie liegt in Mittelmähren, im Hannaker Land, auf einer alten Handelsroute, die Waren aus dem Osten Europas über Krakau nach Prag und Wien führte. Dies brachte der Stadt Reichtum und machte sie über Jahrhunderte zur Residenzstadt eines Fürsterzbischofs, als dessen erster Bischof der Slawenapostel Method geführt wird. Der Heilige Method lebte um das Jahr 800. Der Tag der Heiligen Kyrill und Method, der 5. Juli, ist in Tschechien bis heute ein gesetzlicher Feiertag.

Mit den Auto ist Olmütz je nach Verkehrslage und Fahrstil von Wien aus in zweieinhalb bis drei Stunden zu erreichen. Mit dem Zug geht es natürlich auch, erfordert aber ein Umsteigen in Břeclav oder Česká Třebová. Zu weit also für einen Tagesausflug, aber nah genug für ein schönes Wochenende. Letztes Wochenende haben wir diesen schon länger geplanten Ausflug nach Olmütz endlich gemacht und das erklärt nun auch das Thema dieses Blogbeitrags. Freitag Nachmittag ging es los, Freitag abend saßen wir bereits bei tschechischem Bier und Olmützer Quargel (olomoucké tvarůžky) im Stadtzentrum.

Für Samstag buchten wir eine zweitstündige deutschprachige Stadtführung. Da es außer uns keine weiteren Teilnehmer gab, bekamen wir sie als exklusive Privatführung. Dachte zuerst die geringe Teilnehmerzahl sei coronabedingt, aber unser Stadtführer meinte, dass sich auch zu normalen Zeiten nicht viele österreichische Touristen nach Olmütz verirren. Ich finde das, wie ich in diesem Blogbeitrag zeigen möchte, sehr schade.

Das Stadtzentrum von Olmütz wird von zwei größeren, miteinander verbundenen Plätzen geprägt, dem Oberring (Horní náměstí) und dem Niederring (Dolní náměstí). Die wörtliche Übersetzung von horní (ober) und dolní (nieder) findet sich zB auch in Oberösterreich (Horní Rakousko) und Niederösterreich (Dolní Rakousko). Warum das tschechische Wort for Platz (náměstí) im Deutschen so oft mit Ring übersetzt wird, habe ich dagegen schon in Prag nicht verstanden. Möglicherweise leitet diese alte deutsche Bezeichnung seine Herkunft aber vom tschechischen (und polnischen) „rynek“ ab, das einen Markt bezeichnet.

Oberring mit Dreifaltigkeitssäule
Niederring mit Pestsäule

In der Mitte des Oberrings steht das Olmützer Rathaus mit der astronomischen Uhr, das mich an die Tuchhallen in Krakau erinnerte (polnische Touristen meinen das laut unserem Stadtführer angeblich auch). Das Rathaus wird gerade renoviert, aber lange sollte die Renovierung nicht mehr dauern.

Dreifaltigkeitssäule und Rathaus

Bereits fertig ist die aus dem 19. Jahrhundert stammende Sonnenuhr an der südöstlichen Ecke des Rathauses. Sie soll die Verbundenheit Mährens mit Österreich veranschaulichen. Anders als etwas die Neuerrichtung der Mariensäule in Prag (siehe meinen Blogbeitrag vom 13. Juli 2020) ging das ganz ohne Diskussionen oder gar Protesten in der Bevölkerung vonstatten. An der südlichen Seite ist der österreichische Adler mit den Initialien FJ für Franz Josef dargestellt. Auf der östlichen Seite ist der mährische Adler, zugleich das Stadtwappen von Olmütz, mit den Initialien MT für Maria Theresia zu sehen.

Sonnenuhr am Rathaus

Das prägende Bauwerk am Oberring ist aber die 35 Meer hohe, barocke Dreifaltigkeitssäule (Sloup Nejsvětější Trojice), die als Dank für das Ende einer zweijährigen Pestepidemie errichtet wurde. Ob unsere heutige religiöse Frömmigkeit ausreicht, etwas gleichartig bleibendes nach Ende der Coronaepidemie zu bauen, darf bezweifelt werden. Die Säule, an deren Plateau sich eine kleine Kapelle befindet, ist die größte Barockskulptur in Tschechien und wurde am 9. September 1754 unter Anwesenheit Maria Theresias eingeweiht. Sie gehört heute zum UNESCO Weltkulturerbe.

Dreifaltigkeitssäule mit integrierter kleiner Kapelle

Noch beeindruckender als die Dreifaltigkeitsäule fand ich allerdings die von der antiken Mythologie inspirierten barocken Brunnen, die im ganzen Stadtzentrum verteilt aufgestellt sind und der Stadt einen fast italienischen Flair geben. Sechs Stück gibt es davon in Olmütz. Der schon ursprünglich geplante siebte Brunnen wurde erst 2002 als moderne Konstruktion auf dem Oberring errichtet. Sie sind bleibende Zeichen einer einst großen Residenzstadt.

Tritonbrunnen am Platz der Republik
Cäsarbrunnen am Oberring. Julius Cäsar gilt nach der Legende als Gründer von Olmütz
Das Wappen Niederösterreichs am Caesarbrunnen
Neptunbrunnen am Niederring
Herkulesbrunnen am Oberring
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