Wie ich von den Lesern meines Blogs weiß, schätzen sie meine Reiseberichte besonders dann, wenn sie darin Tag für Tag den Reisefortgang verfolgen können. Dafür verzichten sie auch gerne auf informative Details. Das persönliche schlägt das akademische allemal. Von einem fünftägigen Ausflug nach Westböhmen drei Beiträge im Abstand von mehreren Wochen zu bekommen, ist tatsächlich nicht das gleiche Lesevergnügen.
Ich gestehe, dass sich mein Blog diesbezüglich etwas geändert hat, was nicht nur damit zu tun hat, dass größere Reisen pandemiebedingt zuletzt schwierig geworden sind. Für die nächste größere Reise verspreche ich auch, wieder mehr à jour zu sein. Für kleinere Ausflüge in die Umgebung sollen hingegen weiterhin diese unregelmäßig erscheinenden kleinen Reiseskizzen genügen. Als Erinnerung für Tamara und mich, zur Freude am Wissen der geschätzten Leser und allen gemeinsam zur Überbrückung bis zur nächsten großen Reise.
Es wäre schließlich auch schade, würde ich nicht noch über so interessante Orte wie Karlsbad und Franzensbad einen kleinen Beitrag schreiben. Beide Orte wurden von uns im Rahmen eines Tagesausflugs von Marienbad aus besucht. Diese drei westböhmischen Kurorte wurden diesen Sommer gemeinsam mit acht anderen Kurstädten, darunter aus Österreich Baden bei Wien, als „Great Spas of Europe“ in das UNESCO-Welterbe aufgenommen.
Dass Karlsbad (Karlovy Vary) zu den berühmtesten und traditionsreichsten Kurorten der Welt zählt, erschließt sich dem Besucher schnell. Der Ort ist größer und städtischer als das kleinstädtische Marienbad oder das dörfliche Franzensbad. Und wenn es natürlich auch Karlsbad nicht gelingen konnte, die Bedeutung und Eleganz der alten Zeit in die unsere zu retten, so waren wir doch beeindruckt, wie herausgeputzt sich die Stadt dem Besucher wieder präsentiert.


Karlsbad verfügt über zwölf Heilquellen, die durchnummeriert und mit Namen versehen unter eleganten historischen Kolonnaden entlang dem Flusstal der Tepl (Teplá) aus dem Boden hervorquellen; kurz bevor diese in die Eger (Ohře) mündet. Der Kurgast promeniert am besten die Tepl flussaufwärts entlang; vom Dvořák-Park (Dvořákovy sady), an dessen Ende die gusseiserne Parkkolonnade (Sadová kolonáda) mit der Parkquelle (Sadový Pramen, Quelle Nr. 12) liegt, bis zur bekanntesten, heißesten und letzten Quelle, dem mit 74 Grad bis zu zwölf Meter als Geysir in die Höhe schießenden Sprudel (Vřídlo, Quelle Nr. 1).

Die Sprudelquelle war früher von einer gusseisernen Kolonnade der Wiener Architekten Fellner und Helmer aus dem Jahr 1879 flankiert, die in Karlsbad auch das Stadttheater bauten. Nachdem diese, bereits zweite Sprudelkolonnade (Vřídelní kolonáda) 1939 wegen Korrosionsschäden abgerissen werden musste, wurde an ihrer Stelle nach einer vorübergehenden Holzkonstruktion 1975 eine dritte, verglaste Kolonnade aus Stahlbeton im Stile sozialistischer Brutalarchitektur errichtet. Obwohl vor kurzem aufwändig renoviert, würden sie viele Karlsbader gerne wieder loswerden. Das ist aber gar nicht so einfach. Ein Neubau könnte aufgrund des Untergrundes erst zehn Jahre nach dem Abriss erfolgen.
Blick von der Marktkolonnade auf die Sprudelkolonnade Parkkolonnade (auch Gusseisenkolonnade genannt)

Der traditionelle Kurgast promeniert übrigens nicht einfach so die Karlsbader Heilquellen an der Tepl entlang, sondern hat für die Trinkkuren an den von ihm bevorzugten Quellen eine traditionelle Schnabeltasse mit. Am besten eine solche gleich zu Beginn bei einem Souvenierstand um ein paar Kronen kaufen, um den unterschiedlichen Geschmack aller zwölf Quellen zu testen. Traditionell, so wie meine, sind die in böhmischen Blauweiß.
Wir empfehlen, die Kurpromenade entlang der Tepl bei dem ebenfalls von den Wiener Architekten Fellner und Helmer erbauten neobarocken Grandhotel Pupp enden zu lassen. Das darin befindliche Café Pupp ist für Karlsbad, was das Café Zauner für Ischl ist. Das Rezept der Original Pupp-Torte beinhaltet den traditionellen Karlsbader Kräuterlikör Becherovka. Der in Karlsbad von Jan Becher erstmals gemischte Kräuterlikör Becherovka wird gerne als 13. Heilquelle Karlsbads bezeichnet.
Wesentlich beschaulicher als Karlsbad ist das einen Steinwurf von der deutschen Grenze entfernte Franzensbad (Františkovy Lázně). Der historische Kurbezirk ist im Grunde nur eine einzige, kurze Straße mit einem anliegenden, großen Park, in dem sich die Heilquellen befindet. Bekannter als für seine Heilquellen ist Franzensbad für seine Moorbäder, die den Kurort als Alternative zum nahen Marienbad und Karlsbad prosperien ließen. Das historische Treiben in diesem, nach Kaiser Franz I (II) benannten Kurort lässt sich heute allerdings nur mehr erahnen.
Das beschauliche Franzensbad Der Park in Franzensbad