Byzantinische Kirchen in Rom (Teil I)

Jetzt muss ich mal kurz etwas ausholen, weil das in diesem Blog noch öfter wichtig sein wird. Von byzantinischen Kirchen in Rom zu sprechen, klingt ja ein wenig wie ein Pleonasmus. Denn die Byzantiner sahen sich selbst als Römer. Römische Kirchen in Rom? Wo sonst, würde man meinen. Tatsächlich ist damit eine geschichtliche Zeit gemeint, in der die Stadt Rom, zumindest formell, unter der Herrschaft des oströmischen Kaisers in Konstantinopel stand. Also etwas die Zeit von 550 bis 800. Damals wurden viele Einflüsse des byzantinischen Kirchenbaus auch in Rom übernommen. Nicht unbedingt in der Architektur, aber in der bildlichen Darstellung. Vor allem die in Byzanz entwickelte Mosaikkunst an Kirchenwänden – die alten Römer kannten Mosaike nur am Boden – wurde auch im Westen en vogue.

Apsis in Santa Maria in Domnica

Als Erbauer von Kirchen mit byzantinischen Einfluss hat sich besonders Papst Paschalis I. hervorgetan. Er ließ während seines Pontifikats von 817 bis 824 drei römische Kirchen mit Mosaiken im byzantinischen Stil neu errichten: Santa Prassede, Santa Cecilia in Trastevere und Santa Maria in Domnica. Die ersten zwei hatten wir schon früher in Rom gesehen. Die dritte, Santa Maria in Domnica, war heute an der Reihe. Die Basilika steht auf dem Scheitel des Monte Celio im Süden der antiken Stadt und kann nur am Wochenende besichtigt werden.

Papst Paschalis I mit viereckigen Heligenschein in Proskynese vor der Theotokos

Wer die Kirche betritt und das Mosaik in der Apsis sieht, erinnert sich von der Farbgestaltung in Grün und Blau sofort an die Apsis in Sant’Appolinare in Classe in Ravenna. In der Apsiswölbung thront in der Bildmitte – wie auch in byzantinischen Kirchen üblich – die „Theotokos“, also die Gottesmutter mit Kind. Ihre rechte Hand streckt sie Papst Paschalis I. entgegen. Dieser hat sich vor ihr – wie Kunsthistorikerin Tamara sagen würde – in „Proskynese“, also knieend und diese (durch Berühren ihres rechten Fußes) huldigend niedergeworfen. Mit dem viereckigen Heiligenschein ist der Papst als zur Zeit der Errichtung des Mosaiks noch lebend dargestellt.

Gleich neben Santa Maria in Domnica auf der anderen Straßenseite liegt die Basilica Santo Stefano Rotondo. Die dem heiligen Stephanus geweihte Kirche wurde im 5. Jahrhundert als Rundbau errichtet.

Warum ist bis heute unklar. Denn das war damals und auch später ungewöhnlich. Die Basilika gilt architektonisch als eines der bedeutendsten Bauten der Spätantike. Aus byzantinischer Sicht ist vor allem die Kapelle im Inneren der Kirche zu Ehren der Märtyrer Primus und Felicianus aus dem Jahr 649 interessant, als die Reliquien der Heiligen in die Kirche überführt wurden. Das Mosaik in der dort angebauten Apsis zeigt neben dem Kreuz, die beiden Titelheiligen nach Art byzantinischer Würdenträger. Die Basilika wird seit dem 16. Jahrhundert vom Collegium Hungaricum unterhalten und gilt deshalb als ungarische Nationalkirche in Rom.

Danach fing es zu regnen an, weshalb wir es für heute mit unserem Ausflug in die byzantinische Kunstgeschichte gut sein ließen und nach mittäglicher Stärkung in einer traditionellen Trattoria nach Hause fuhren.

Was sonst noch in und um Rom am heutigen Tag bemerkenswert war:

Guido-Reni-Fresko in Sant‘ Andrea in Cielo

Tamara fand beim Flanieren noch ganz zufällig eine kleine Kirche mit einem Fresko von Guido Reni. Als Guido-Reni-Expertin hat sie dafür den sechsten Sinn. Das ist wie Obelix mit den Wildschweinen.

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