Obwohl ich jetzt schon öfter in Rom war, hat es mich noch nie gereizt, das Kolosseum zu besuchen. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht, weil es auch ohne teure Eintrittskarte von außen zu sehen ist und drinnen nicht viel anderes zu sehen erwartete. Vielleicht, weil mich Archäologische Stätten nur bedingt interessieren. Vielleicht, weil mich die vielen Touristen abgeschreckt haben (Tourist ist man freilich auch selbst).1 Was auch immer der Grund gewesen sein mag, heute hatte ich jedenfalls den Besuch von Erna und Herbert genutzt, um mir das Kolosseum von innen anzusehen.

Interessant ist dieses unter der Flavischen Kaiserdynastie2 in nur 8 Jahren zwischen 72 und 80 n. Chr. erbaute antike Monument vor allem wegen der damit verbundenen, für die damalige Zeit fast unglaublichen architektonischen Leistung, nach dessen Prinzipien noch heute moderne Fußballstadien innerhalb weniger Minuten gefüllt und geräumt werden können.

Das Kolosseum wurde fast 450 Jahre als Veranstaltungsort genutzt, vor allem für Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen.3 Die aus Romanen und Spielfilmen verbreitete Annahme, dass bei diesen Spielen christliche Märtyrer getötet wurden, ist durch antike Quellen allerdings nicht belegt. Die Spiele wurden von Mitgliedern des Kaiserhauses oder des römischen Senats ausgerichtet. Jeder freie Bürger Roms hatte kostenlos Zutritt.

Die heute zu sehenden Ruinen der Mauern unterhalb des hölzernen Arenabodens waren ursprünglich nicht bebaut. Deshalb konnte das Kolosseum nach Entfernung des Holzbodens für Seeschlachten geflutet werden (wie kürzlich im Film Gladiator II gesehen). Dass dies nach dem Bau dieser Kellerräume für Kerker, Käfige und Einrichtungen der Bühnentechnik noch möglich war, ist schwer vorstellbar.

Wer heute das Kolosseum besucht, muss sich jedenfalls vorstellen, dass die antiken Besucher der Spiele nicht wie wir braune Ziegelwände gesehen haben, sondern eine komplett mit weißem Marmor ausgelegte, durch die römische Sonne hell erleuchtete Spielstätte.
Seinen heutigen Zustand verdankt das Kolosseum weniger den kriegerischen Zeitläuften der folgenden Jahrhunderte, sondern der Tatsache, dass es während des Mittelalters bis in die Zeit der Renaissance und des Barocks von den herrschenden Familien Roms und den Päpsten als Steinbruch für ihre Bauten genutzt wurde.
Hat sich der Besuch des Kolosseums also gelohnt? Dazu muss ich sagen, dass es das Kolosseum nur als 24-Stunden-Kombiticket mit dem Forum Romanum gibt. Wer sich für alte römische Geschichte interessiert und das Forum Romanum besuchen möchte (oder umgekehrt), kann die zweite große antike Sehenswürdigkeit in Rom gleich mitnehmen. Wer mit dieser Zeit wenig anfangen kann, sollte sich in Rom lieber anderes ansehen.
Was sonst noch in und um Rom am heutigen Tag bemerkenswert war:
Erna und Herbert sind heute mit dem ÖBB Nightjet wieder aus Rom abgefahren. Habe noch den Schlafwagen bewundert und werde ihn vielleicht beim nächsten Romtrip selbst benutzen. Um in das obere Bett zu gelangen, bedarf es allerdings einer gewissen Gelenkigkeit.



- Angeblich kann die Besuchermassen gut umgehen, wer schon zeitig in der Früh dort ist. Das Kolosseum öffnet bereits um 8.00 Uhr. Das gilt freilich auch für andere Sehenswürdigkeiten und nicht jeder ist Frühaufsteher. ↩︎
- Von dieser Kaiserfamilie hatte es auch seine antike Bezeichnung als „Amphitheatrum Flavium“. Die Bezeichnung Kolosseum ist erst ab dem 8. Jahrhundert belegt und geht angeblich auf eine Kolossalstatue des Kaisers Nero neben dem Amphitheater zurück. ↩︎
- Kämpfe zwischen besonders exotischen Tieren waren am beliebtesten. ↩︎