Chora-Kirche

Die wichtigste bzyantinische Sehenswürdigkeit neben der Hagia Sophia ist die Chora-Kirche im Westen der Stadt. Nach der osmanische Eroberung der Stadt 1453 in eine Moschee umgewandelt, war sie seit 1948 ein Museun. Der türkische Präsident Erdogan ließ sie aus politischen Gründen 2024 wieder in eine Moschee rückwidmen.

Chora (Χώρᾳ) heißt im griechischen „Land“ oder „Umland“ und zeigt, dass die Kirche ursprünglich in einer sehr ländlichen Gegend der Stadt, nahe der Stadtmauer errichtet wurde. Sie ist auch heute mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer erreichbar.

Ihr heutiges Aussehen verdankt die Kirche dem byzantinischen Staatskanzler Theodoros Metochites, der die kleine Kirche zwischen 1310 und 1321 renovieren und von heute anonymen Künstlern mit umfangreichen biblischen Bilderzyklen ausstatten ließ – und zwar im äußeren und inneren Narthex durch Mosaike, in der Seitenkapelle durch Fresken. Diese gelten als die bedeutendsten byzantinischen Bildwerke überhaupt.

Die kleine Chora-Kirche von außen.

Beim Betreten der Chora-Kirche kommt der Besucher rechts in die südliche Seitenkapelle, dem Parekklesion (in der oberen Außenansicht der ganz linke vordere Gebäudteil), die von Metochites als private Grabeskapelle vorgesehen war und worin er auch begraben wurde (sein und die anderen Sarkophage in den Nischen der Kapelle sind nicht mehr erhalten).

Der Eindruck war wirklich überwältigend. Die spätbyzantinischen Fresken sind typisch für eine Grabeskirche mit Darstellungen zur christlichen Wiederauferstehung und dem Jüngsten Gericht. Sie haben mit der stark stilisierten älteren byzantinischen Kunst nur mehr wenig gemein und erinnerten uns in ihrer Lebendigkeit an die Fresken Giottos in der Scrovegni-Kapelle in Padua. Insofern kein Zufall, dass sie als Hauptwerk der sogenannten „Renaissance“ der Palailogen, der letzten byzantinischen Kaiserdynastie, gelten.

Das Pareklession mit den spätbyzantinischen Fresken. In den Nischen waren ursprünglich Sarkophage, unter ihnen jener des Kirchenstifters Theodoros Metochites, untergebracht.
Darstellung des Jüngsten Gerichts im Pareklession

Weiter gehend in den äußeren und inneren Narthex der Kirche sieht der Besucher die Mosaike der Kirche mit vielen bildlichen Darstellungen aus dem neuen Testament. Von den Mosaiken hat uns besonders das Fresko von Christus Pantokrator, dh. dem „Weltenherrscher“, am Eingang in den inneren Narthex gefallen:

Über den Eingang in den Naos, den Hauptgebetsraum, findet sich ein Mosaik des Stifters Theodoros Metochites, wie er Christus ein Modell der Kirche überreicht:

Hier zwei weitere Mosaike aus der Chora-Kirche:

Kaiser Isaak Komnenos
Die Hochzeit zu Kanaan

Im Naos sind nur mehr drei Mosaike erhalten, insbesondere jenes, das den Tod Marias darstellt. Diese drei Mosaike werden nach der heurigen Rückwidmung in eine Moschee zu den Gebetszeiten verhängt, sind ansonsten aber zu Besuchszeiten weiterhin sichtbar. Allerdings gut nur für Männer, denn Frauen dürfen diesen Teil nur eingeschränkt betreten.

Der Tod Mariens im Naos der Chora-Kirche

Von der Chora-Kirche gingen wir noch zu Fuß weiter zur Pammakaristos-Kirche. Diese ist zwar seit den Osmanen ebenfalls eine Moschee, das Parekklesion, in dem sich nach der Hagia Sophia und der Chora-Kirche die meistens byzantinischen Fresken befinden, aber seit 1949 ein Museum. Es wurde bisher noch nicht in einen Teil der Moschee rückgewidmet. Stattdessen ist es „wegen Renovierungsarbeiten“ geschlossen und es wird nicht kommunuziert, wann es wieder besichtigt werden kann. Den Fußmarsch durch eine nach dem Straßenbild von sehr konservativen Muslimen bewohnten und mit öffentlichen Verkehrsmittel nur umständlich erreichbaren Stadtgegend Istanbuls hätten wir uns sparen können.

Außenansicht der früheren Pammakaristos-Kirche

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1 Comment

  1. Michael 18. September 2024 at 16:14

    Sehr aufwändig recherchiert, befürchte fast dass ich mir nicht alles merke. Schade, dass Erdogan so eine Politik verfolgt, aber scheinbar wurde die von Atatürk eingeführte Trennung von Religion und Staat nie ganz von allen mitgetragen. Liebe Grüße nach Istanbul, Michael

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